Einleitende Bemerkungen zur Migrationssituation der Wolgadeutschen
Im Allgemeinen versteht man unter dem Begriff „Migration“ einen Wechsel des Wohnsitzes, eng damit verbunden ist also auch eine Änderung des sozialen Umfeldes. Dieser Wohnsitzwechsel kann dauerhaft sein, oder aber auch nur temporär und aus verschiedenen Gründen erfolgen. Er kann also zum Beispiel politisch, religiös undwirtschaftlich motiviert sein oder aus emotionalen Gründen erfolgen. Krefeld spricht im Zusammenhang mit dem Begriff „Migration“ von…
Eine weitere Definition ist…
Ein Konzept, welches sich in allen Definitionen des Begriffes „Migration“ wieder finden lässt, ist das des Raumes.
Migración significa dezplazarse de un espacio a otro e implica el traspaso de fronteras, fronteras geográficasdefinidas entre regions o Estados (Imbusch 1993: 129).[1]
Die argentinischen Wolgadeutschen sind Nachkommen deutschstämmiger Einwanderer aus dem Wolgagebiet, deren deutsche Vorfahren in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts größtenteils aus dem rheinfränkischen Raum nach Russland emigierten, um unter der Zusicherung weitreichender Privilegien die Gebiete an der unteren Wolga zu besiedeln. DerWegfall dieser und ökonomische Probleme (Erträge sanken unter das Existenzminimum) waren die Gründe für die zweite Auswanderungswelle ab 1878 (bis 1914) nach Argentinien.
Im Wesentlichen lassen sich drei Fälle von Migration unterscheiden: die interkontinentale Migration, bei der die Grenzen des Kontinents überschritten werden, die intrakontinentale Völkerwanderung, also der Ortwechsel innerhalb desKontinents und zuletzt die interne Migration (Binnenmigration), bei der die Landesgrenzen nicht überschritten werden. Zu letzterem Fall zählt zum Beispiel die Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte im Zuge der Urbanisierung.
Im Falle der Wolgadeutschen handelt es sich um eine doppelte interkontinentale Migration, die im Wesentlichen aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte.
4. Faktorenfür/gegen den Erhalt einer Minderheitensprache
Im Folgenden soll eine Übersicht über einige der möglichen Gründe gegeben werden, die den Erhalt oder unter Umständen aber auch den Verlust einer „Minderheitensprache“, wie es in diesem Fall das Wolgadeutsche in den Siedlungen ist, bedingen können. Hierfür spielen nach Gugenberger sowohl…
…außersprachliche Faktoren (factores extralingüísticos)wie auch rein sprachimmanente
Faktoren (factores lingüísticos) eine Rolle.[2]
Einer der sprachexmanenten Faktoren, die für den Verlust des Wolgadeutschen im Kontakt mit dem Spanischen verantwortlich wäre, könnte zum Beispiel die geographische Distanz zum Ursprungsort sein. Für den Erhalt der Minderheitensprache würde hingegen die Tatsache sprechen, dass sich die Wolgadeutschen inSiedlungen gemäß ihres Herkunftsortes niederließen und sich räumlich stark isoliert zu den Großstädten (geographische Distanz?Sprachinsellage) befinden sich zu nennen.
Weiterhin sind nach Gugenberger…
die Größe und der Zusammenhalt der Gruppe, die Zugehörigkeit zu bestimmten
politischen und sozialen Schichten, das Prestige der Einwanderer und deren Sprachein der Aufnahmegesellschaft, sowie die Sprachpolitik
soziolinguistische Faktoren, die den Erhalt einer Sprache begünstigen oder verhindern.
Natürlich gibt es auch noch eine Reihe individueller Faktoren.[3]
Das Prestige der Einwanderer und deren Sprache, sowie die Distanz zur Kultur des Aufnahmelandes können ebenso den Erhalt oder den Verlust der Minderheitensprache bewirken. Zum einenkönnte aufgrund einer großen kulturellen Distanz ein „Zusammenrücken“ der Minderheitengruppe die Folge sein, was prinzipiell den Spracherhalt fördert. Zum anderen könnte aus denselben Gründen ein Akkulturationsprozess, bzw. genauer gesagt eine Assimilation an die Sprache (Kultur) des Aufnahmelandes erfolgen, im Falle dass diese als der eigenen überlegen empfunden werden. In aller Regel werden vier…